FOCUS Bachstädte: Naumburg
Datum
Datum
Uhrzeit
Zeit
Ort
Standort
Kosten
18:00 Uhr | Dom FOCUS Bachstädte: Naumburg
Am Mittwoch, dem 17. September erleben wir Nicolas Berndt, Wenzelsorganist an der von Johann Sebastian Bach 1746 geprüften Orgel von Zacharias Hildebrandt in Naumburg, unter anderem mit Choralbearbeitungen aus der Sammlung der sogenannten „Leipziger Choräle“, deren Handschrift zwischen 1740 und 1748 entstand, und somit in die Zeit der Orgelabnahme in Naumburg fällt.
Die Hildebrandt-Orgel in Naumburgs Stadtkirche St. Wenzel gilt als die einzig existierende große Orgel, die Johann Sebastian Bach nicht nur – gemeinsam mit Gottfried Silbermann – am 27. September 1746 abgenommen hat,
sondern die er auch maßgeblich mitkonzipiert hat. Sie ist daher ein authentisches Schaufenster in die Klangvorstellungen Bachs für seine Orgelmusik und übt eine „wichtige Zeugenfunktion“ aus. Das Programm des heutigen Konzertes möchte daher drei Aspekten auf besondere Weise Rechnung tragen:
Erstens erklingen Stücke aus einer jener Sammlung von Choralbearbeitungen, mit der sich Bach in seinen letzten Lebensjahren, in der auch die Naumburger Orgelprobe stattgefunden hat, intensiv beschäftigt hat: Orgelchoräle aus
der Leipziger Originalhandschrift, den sog. „Achtzehn Chorälen“. Zwar sind sie ursprünglich zwischen 1708 und 1717 entstanden, doch hat Bach sie am Ende seines Lebens einer solch intensiven Revision unterzogen, dass sie die Klangvorstellungen des „späten Bachs“ abbilden. In der Fantasia super „Komm, Heiliger Geist, Herre Gott“ schafft es Bach auf bemerkenswerte Weise mit sehr knappem motivischem Material – eine aus dem Baß-cantus-firmus abgeleitete
akkordisch gebrochene Figur –, der perpetuum mobile-Bewegung immer wieder neue Impulse zu geben und den Glanz des Werkes bis zum zweimaligen „Alleluja“ am Ende des Chorals zu steigern. In den drei Bearbeitungen des Glorias der lutherischen Messe nähert sich Bach dem Choral „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ entgegen eines vielleicht zu erwartenden Affektes nicht „mit Pauken und Trompeten“, sondern gibt seinen Bearbeitungen vielmehr eine kammermusikalische Faktur.
In der ersten Bearbeitung (BWV 662) wird der Choral im Sopran intensiv-inniglich mit reichhaltigen Verzierungen ausgestaltet, die sich auch in den sehr kunstvoll geformten Mittelstimmen fortsetzen. Die zweite Bearbeitung (BWV 663) dringt mit ihren zwei sanft´dahinfließenden Oberstimmen, für die man sich gut zwei Streichinstrumente
vorstellen kann, in lyrische Ausdrucksbereiche vor, in denen auch der Choral „cantabile“ im Tenor erklingt. Die dritte
Bearbeitung (BWV 664) ist ein Triosatz voller Spielfreude und voller aus dem Choral abgeleiteter Motive, in dem der Choral selbst allerdings erst am Schluss und nur mit seinen ersten beiden Zeilen im Bass zitiert wird.
Zweitens wird mit der „Dorischen“ Toccata und Fuge ein Werk erklingen, das mit Bachs Tätigkeit als Orgelgutachter verbunden ist. Denn in einer Abschrift des Werkes findet sich die wohl von Johann Christian Kittel stammende Notiz: „bey der Probe der großen Orgel in Cassel von S. Bach gespielt“, die am 28. September 1732 stattfand. – Bach wählte hierfür also ein Werkpaar aus, dessen zwei Teile konträrer kaum sein könnten: eine Toccata, die unter dem frischen Eindruck der italienischen Konzertform mit ihren Wechseln zwischen Tuttiund Solo-Passagen steht, und eine Fuge, deren vokales Stile-antico- Thema auf gravitätische Weise die Welt immer wieder von neuem zu durchschreiten beginnt und dabei in immer neue Ausdrucksbereiche vordringt. Drittens möchte das letzte Stück des Konzertes erlebbar machen, wie genial Friedrich Ladegast mit seiner Merseburger Domorgel spätbarocke Klangvorstellungen, wie sie z.B. in Naumburg erlebbar sind, in einen romantischen Klangkosmos transformiert und weiterdenkt. Prädestiniert dafür ist Bachs Chaconne, die in der
Romantik Komponisten wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Johannes Brahms oder Ferruccio Busoni zu Bearbeitungen angeregt hat.
Nicolas Berndt
Weitere Informationen unter www.merseburger-orgeltage.de
(bedeutendste Bachstätte neben Köthen in Sachsen Anhalt, Bachs Schwiegersohn war hier Organist,Bach hat den Orgelbau abgenommen)
An der Ladegast-Orgel: Wenzelsorganist NICOLAS BERNDT